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FAIRE VERBRAUCHERVERTRÄGE.
FAIRE VERBRAUCHER-VERTRÄGE.
Faire Verbraucherverträge - Fairness zur rechten Zeit?
Zum 1. Oktober 2021 ist das Gesetz für faire Verbraucherverträge in Teilen in Kraft getreten, weitere Regelungen des Gesetzes treten zum 1. März und 1. Juli 2022 in Kraft. Der Gesetzgeber bezweckt mit den Änderungen eine (weitere) Stärkung der Position von Verbrauchern gegenüber Unternehmern. Im Fokus des neuen Gesetzes stehen telefonisch aufgedrängte Verträge sowie Verträge mit langen Laufzeiten. Durch die Gesetzesänderungen soll erreicht werden, dass nicht nur der Vertragsschluss selbst unter fairen Bedingungen erfolgt, sondern auch die Vertragsinhalte fairen Regelungen unterliegen, so die Zielsetzung laut Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und Verbraucherschutz. Hierfür hat der Gesetzgeber Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den AGB-Regelungen, sowie im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vorgesehen.
Inhalte im Überblick
Abtretungsausschlüsse in AGB - für die Zukunft weitgehend ausgeschlossen
Bisher sehen viele AGB eine Regelung vor, nach denen es den Verbrauchern untersagt ist, ihre eigenen Ansprüche, die ihnen gegen das Unternehmen zustehen, abzutreten. Mit § 308 Nr. 9 BGB hat der Gesetzgeber dem generellen Abtretungsverbot ein Ende bereitet. Künftig sind Abtretungsausschlüsse in AGB grundsätzlich unwirksam, wenn der Anspruch des Verbrauchers gegen den Unternehmer auf Geld gerichtet ist (§ 308 Nr. 9 lit. a) BGB). Auch bei einem anderen Recht des Verbrauchers gegen den Unternehmer liegt eine Unwirksamkeit vor, wenn ein schützenswertes Interesse des Unternehmers an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder berechtigte Belange des Verbrauchers das Interesse des Unternehmers überwiegen (§ 309 Nr. 8 lit. b) BGB).
Nur für Zahlungsansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes gilt das Vorstehende nicht.
Begrenzung von Vertragslaufzeiten - keine "never ending story" für den Verbraucher
Eine wesentliche Stärkung erfahren Verbraucher bei Verträgen mit langen Laufzeiten. Durch den neuen § 309 Nr. 9 BGB werden eine Vielzahl von AGB-Klauseln, die es zum Ziel haben, den Verbraucher möglichst lange vertraglich zu binden, künftig nicht mehr wirksam sein. In der Vergangenheit wurde dies zum einen durch lange Grundvertragslaufzeiten erreicht. Als tückisch für den Verbraucher konnten sich aber vor allem automatische Vertragsverlängerungen erweisen, durch die der Verbraucher nochmals für eine lange Vertragslaufzeit gebunden wurde, wenn er sich nicht ausdrücklich gegen die automatische Verlängerung ausgesprochen hat. Dem treten die Neuregelungen ab 1. März 2022 entgegen.
In AGB sind dann nach § 309 Nr. 9 BGB bei Vertragsverhältnissen, die die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben, folgende Bestimmungen unwirksam:
a) eine den Verbraucher länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags;
b) eine den Verbraucher bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses, es sei denn das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem Verbraucher wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen,
c) eine zu Lasten des Verbrauchers längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer.
Sollte beispielsweise bei einem Mobilfunk- oder Fitnessstudiovertrag der Verbraucher vergessen haben, den unliebsamen Vertrag zu kündigen, muss er künftig nicht befürchten, nochmals für mehrere Monate oder gar ein ganzes Jahr an diesen gebunden zu sein. Er kann sich nach Ablauf der regulären Vertragslaufzeit mit einer Kündigungsfrist von einem Monat von dem Vertrag lossagen. Zu der Form der Kündigungserklärung siehe den nächsten Punkt.
Kündigung per Button? - Gleichlauf von Vertragsschluss und Kündigung
Mit wenigen Klicks zum Vertragsschluss? Diese Möglichkeit haben viele Unternehmer den Verbrauchern auch schon in der Vergangenheit eröffnet. Wenn es aber um die Kündigung selbigen Vertrags ging, war diese nur unter erschwerten Bedingungen möglich. So war zumeist mindestens eine Erklärung in Textform, wenn nicht sogar in Schriftform, erforderlich, um sich von dem unliebsamen Vertrag zu lösen. Unfair findet der Gesetzgeber und hat daher die Kündigung per Buttonlösung ab dem 1. Juli 2022 eingeführt.
Wird dem Verbraucher über eine Website ermöglicht, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, so hat der Unternehmer nach § 312k BGB künftig sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Website eine Erklärung zur Kündigung auch über einen Kündigungs-Button abgeben kann. Der Button muss gut lesbar mit nichts anderem als „Verträge hier kündigen“ oder einer anderen eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Bei Betätigung des Buttons muss der Verbraucher unmittelbar auf eine Bestätigungsseite weitergeleitet werden. Auf dieser Seite muss der Verbraucher aufgefordert und ihm ermöglicht werden, Angaben zur Art der Kündigung sowie im Falle einer außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund, zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit, der Bezeichnung des Vertrags, zum Beendigungszeitpunkt sowie zur Übermittlungsmöglichkeit der Kündigungsbestätigung zu machen.
Zudem muss die Bestätigungsseite einen Button enthalten, mit welchem die Kündigungserklärung abgeben und die vorstehenden Angaben übermittelt werden können. Der Button muss gut lesbar mit nichts anderem als „jetzt kündigen“ oder mit einer anderen eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Natürlich dürfen der Button und die Bestätigungsseite nicht versteckt sein: sie müssen ständig verfügbar und unmittelbar zugänglich sein. Die Abgabe der Kündigungserklärung mit Datum und Uhrzeit der Abgabe muss der Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger speichern können.
Zudem hat der Unternehmer dem Verbraucher den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigten (z.B. durch eine automatisch generierte E-Mail).
Sollte die Website des Unternehmers die vorstehende Kündigung per Button nicht wie vorstehend ermöglichen, kann der Verbraucher den Vertrag jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.
Übrigens: macht der Verbraucher keine Angaben zum Beendigungszeitpunkt, so gilt automatisch der nächstmögliche Beendigungszeitpunkt.
Und was gilt für Altverträge?
Hinsichtlich des Abtretungsausschlusses und der Vertragslaufzeiten gelten für Altverträge die jeweils zum Vertragsschluss geltenden Vorschriften.
Verträge, die vor dem 1. Oktober 2021 abgeschlossen wurden und einen Abtretungsausschluss zu Lasten des Verbrauchers enthalten, bleiben damit wirksam.
Auch für Vertragsverhältnisse, die eine längere Vertragslaufzeit als die in § 309 Nr.9 BGB n.F. oder eine stillschweigende Vertragsverlängerung entgegen § 309 Nr.9 BGB n.F. vorsehen und vor dem 1. März 2022 abgeschlossen wurden, gilt noch alte Rechtslage.
Anders sieht es bei der Kündigung per Button aus: unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist die Buttonlösung ab dem 1. Juli 2022 für alle Dauerschuldverhältnisse bereitzuhalten, die es dem Verbraucher ermöglicht haben, den Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen.
Schutz vor unerwünschter Telefonwerbung
Letztlich hat der Gesetzgeber eine Ergänzung in § 7a UWG n.F. aufgenommen, um die Verbraucher vor unerwünschter Telefonwerbung besser zu schützen. Auch nach bisherigen Recht bedurfte es bereits der vorherigen Einwilligung des Verbrauchers. Neu hinzugekommen ist die Pflicht von werbenden Unternehmen, die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers in angemessener Form zu dokumentieren (§ 7a UWG n.F.) und für einen Zeitraum von fünf Jahren aufzubewahren.
Die Aufbewahrungspflicht beginnt mit Erteilung der Einwilligung und fängt nach jeder Verwendung neu an zu laufen. Die Einwilligung des Verbrauchers ist der zuständigen Bundesnetzagentur bzw. dem Bundesamt für Justiz auf Verlangen unverzüglich vorzulegen. Bei Verstößen gegen §§ 7, 7a UWG n.F. drohen erhebliche Geldbußen.
Mit den Neuregelungen soll die Sanktionierung von unerlaubter Telefonwerbung effizienter gestaltet werden, wodurch entsprechendes Gebaren durch werbende Unternehmen verhindert werden soll.
Bewertung und Handlungsempfehlungen
Mit dem „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ hat der Gesetzgeber die Position von Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr weiter gestärkt. Da der elektronische Geschäftsverkehr aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie weiterhin einem stetigen Wachstum unterliegt, kommen die Änderungen für viele Verbraucher gerade zur rechten Zeit. Für Unternehmen erfordert die Gesetzesänderung neben einer Anpassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) insbesondere eine technische Umsetzung der Buttonlösung. Daneben müssen die Prozesse bei Telefonwerbung angepasst werden, um die Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten zu erfüllen.
Autor:
RAin Maren König
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